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Zwölf Tage – das
ist die Frist, innerhalb derer in
Frankreich ein Psychiatriepatient nach der
Zwangseinweisung eine Anhörung vor Gericht bekommen muss,
rund 90.000 Menschen durchlaufen im ganzen Land jährlich
diese Prozedur. Für seinen neuen Film bekam der legendäre
Regisseur und Fotograf Raymon Depardon als erster
Filmemacher überhaupt Zugang zu diesen Verfahren und
dokumentierte zehn Fälle in einer Klinik in Lyon. Die
Kamera agiert sensibel und wahrhaftig, sie konzentriert
sich auf die Patientinnen und Patienten oder nimmt die
richterliche Instanz in den Blick. Die Sachlichkeit der
Methode ist erhellend und hilft der Empathie des
Zuschauers auf die Sprünge: In seltener Klarheit sieht man
den großen Schmerz, der allen psychischen Erkrankungen
zugrunde liegt. 12 TAGE zeigt Depardon abermals als
meisterhaften Beobachter und großen Humanisten des
dokumentarischen Kinos.
In Frankreich muss ein Richter innerhalb von zwölf Tagen über die
Rechtmäßigkeit einer Zwangseinweisung in die Psychiatrie entscheiden.
Der Dokumentarist Raymond Depardon erhielt erstmals Gelegenheit, diese Verhandlungen
zu filmen. In acht Anhörungen zeichnet der Film im Stil des Direct Cinema
nach, wie fragil die Grenze zwischen Normalität und Wahnsinn ist und
welchen Mechanismen die anscheinend neutralen Urteilsfindungen unterworfen
sind. Deutlich wird dabei auch, dass abweichende Persönlichkeiten häufig
auch mit sozialen Missständen verknüpft sind. Auf eindringliche
Weise bringt der Film die Komplexität der Situation vor Gericht nahe
und unterstreicht, dass Verstehen wichtiger wäre als Verurteilen. -
Sehenswert ab 16. FilmDienst
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