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Lehrer Bachmann und seine Klasse 6b. Eine Klasse von Zwölf- bis
Vierzehnjährigen. Die Eingangsstufe einer Gesamtschule. Alle Leistungsstufen
sind noch in einem Klassenverband vereint. Am Ende des Schuljahres erfolgt
die Teilung in drei Schulzweige. Viele Schüler*innen stammen aus Familien
mit einer Migrationsgeschichte aus insgesamt neun Ländern. Ein Konglomerat
unterschiedlichster Kulturen als Folge einer globalisierten Welt. Die Schule
macht den Kindern klar, was die Gesellschaft von ihnen erwartet: Leistung.
Bei
den Schüler*innen geht es darum, wie sie diese Herausforderung überstehen.
Mit Stolz, Überheblichkeit, Angst oder dem Gefühl der Minderwertigkeit.
Es geht um die Ausbildung ihrer Identität als einzelne Persönlichkeiten.
Aber auch ihrer Genderrolle und ihrer nationalen oder kulturellen Zugehörigkeit.
Im Hintergrund "große" Fragen. Was kann Schule unter diesen
Bedingungen erreichen? Sind die Trennungslinien der Herkunft identisch mit
denen der Leistungseinstufung?
Kann
die Schule beitragen, Ausgrenzung und Marginalisierung zu vermeiden?
In diesem sozialen Umfeld arbeitet seit siebzehn Jahren "Herr"
Bachmann als Klassenlehrer. Seine Art des Unterrichtens gibt auf diese
Fragen sehr besondere Antworten. Er ist ein ehemaliger Revoluzzer, Aussteiger,
Folksänger,
Bildhauer. Für ihn ist das Wichtigste, jedem Kind
zu vermitteln, dass es wertvoll ist, dass es jemand ist und nicht nichts.
Jeder hat Fähigkeiten.
Herr Bachmann unterrichtet an der Georg-Büchner-Gesamtschule in
Stadtallendorf, Nordhessen. Die kulturelle Zusammensetzung seiner Klasse
spiegelt die Bevölkerungsstruktur der Stadt. Etwa 21.000 Menschen
leben hier.
70% der Bevölkerung haben eine Einwanderungsgeschichte, fast 5.000
sind
muslimischen Glaubens. Stadtallendorf ist eine kleine Stadt mit großer
Industrie. 1951 wurde die Eisengießerei Fritz Winter gegründet
mit heute 2.800 Beschäftigten. 1956 kam Ferrero. In ihrem weltweit
größten
Werk beschäftigen sie 3.400 Mitarbeiter*innen. Anfang der sechziger
Jahre trafen dann die ersten Arbeiter*innen aus der Fremde ein. Italien.
Griechenland. Und ab 1963 in großer Zahl aus der Türkei. Die
Geschichte der Zuwanderung in diese Stadt reicht aber noch weiter zurück.
Bis in die Zeit des Nationalsozialismus. Stadtallendorf war während
des Krieges die größte Sprengstoffproduktionsstätte
Europas. Der Großteil der Arbeitskräfte war nicht freiwillig
hier: Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangene aus den von der deutschen.
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